Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit

Aus Untersuchungen ist bekannt, dass die soziale Herkunft die Bildungslaufbahn bestimmt. In Österreich werden Bildungschancen quasi vererbt. Derzeit gehen die Kinder von AkademikerInnen überdurchschnittlich häufig in die AHS-Unterstufe, während Kinder aus bildungsferneren Schichten an den Hauptschulen überrepräsentiert sind. Die frühe Trennung in Hauptschule, AHS und Sonderschule verstärkt soziale Ungerechtigkeiten. Gesellschaftspolitisch sollen die verschiedenen sozialen Schichten durch eine gemeinsame Schule besser durchmischt und so Chancengleichheit hergestellt werden. Die gemeinsame Schule ermöglicht soziales Lernen und fördert den sozialen Zusammenhalt.

Länger gemeinsam lernen

Internationale Schulvergleiche zeigen, dass jene Länder gut abschneiden, in denen die Entscheidungen über den Bildungsweg relativ spät fallen. Eine gemeinsame Schule der 6- bis 15-Jährigen ist der beste Garant, um Benachteiligungen von Kindern aus bildungsfernen und einkommensschwachen Elternhäusern zu beseitigen. Sie verringert zudem die Zahl von SchulversagerInnen und AussteigerInnen.

Kein Kind darf verloren gehen

In bunt gemischten Klassen muss stärker auf die individuellen Bedürfnisse der SchülerInnen eingegangen werden. So werden SchülerInnen in ihren Interessen und Neigungen sowie in ihren Stärken gefördert. Was den „Schwachen“ gut tut, nützt auch den „Starken“.

Lebensraum Schule

Eine Schule ist mehr als ein Gebäude, sie sollte ein Lebensraum für SchülerInnen und LehrerInnen sein. Schule muss Bildung und Ausbildung, aber auch Sport und Freizeit, Theater, Musik und kreative Freiräume vereinen.

Um diese Funktionen erfüllen zu können, ist eine entsprechende Infrastruktur notwendig. Darüber hinaus bedarf es auch der Integration von neuen Berufsgruppen wie SchulsozialarbeiterInnen oder FreizeitpädagogInnen.

Familienfreundlichkeit

Eine Gemeinsame Schule kann eine große Entlastung für Familien sein. So ist in Finnland  beispielsweise klar, dass SchülerInnen in die dem Wohnort nächstgelegene Schule gehen. Neben einem kürzeren Schulweg hat dies den weiteren Vorteil, dass die SchülerInnen nicht aus ihrer gewohnten Umgebung und ihrem sozialen Umfeld gerissen werden.

Gleichzeitig soll eine Verschränkung von Lernen, Lernbetreuung und Freizeit in dafür auszustattenden Schulen Eltern entlasten und teure Nachmittagsbetreuung überflüssig machen. Die Kinder werden von gut ausgebildeten PädagogInnen betreut, mit vollwertigen Mahlzeiten verpflegt und haben alle Möglichkeiten, sich in der Schule zu entfalten. Diese Form von Schule macht Nachhilfe unnötig und leistet -nicht zuletzt für alleinerziehende Mütter - einen Beitrag dazu, dass Kinder und Beruf leichter vereinbar sind.

Lernkultur

Soziales, interkulturelles und angstfreies Lernen

Die SchülerInnen sollen in der neuen Schule im Mittelpunkt stehen und daher muss  auch ein Wechsel von der Lehrkultur zur Lernkultur stattfinden. Selbständiges Arbeiten muss einen zentralen Stellenwert einnehmen.

Es braucht Unterrichtsmethoden, bei denen auf individuelle Neigungen und Interessen eingegangen und Rücksicht genommen werden kann. Auch aus diesem Grund muss die Selbständigkeit der SchülerInnen gefördert und ihnen die Zeit gegeben werden, Gelerntes ausreichend zu verarbeiten. Damit bleibt ihr Wissensdurst und der Wunsch, Neues zu lernen, erhalten.

Vielfalt und Heterogenität kann den Schulalltag nur bereichern, Kinder und Jugendliche können mit- und voneinander lernen.

Ausbildung der PädagogInnen

Wir erachten eine universitäre Ausbildung für alle PädagogInnen des Bildungsbereichs für sinnvoll und notwendig. Es müssen im Rahmen der Ausbildung nicht nur fundiertes Fachwissen, sondern auch umfassende pädagogische Grundlagen und methodisch-didaktische Kompetenzen vermittelt werden, mit denen  die im Bildungsbereich Tätigen die  Anforderungen an Schule, die sich auch durch die gesellschaftliche Entwicklung geändert haben, bestmöglich bewältigen können.

Berufsbegleitende Fortbildung und Weiterbildung ist ebenso wichtig.

Die Arbeit aller PädagogInnen in den unterschiedlichen Bildungsbereichen muss gleich viel wert sein.

Volkswirtschaftlichkeit

Wo Geld besser investiert werden kann

Österreich gibt glücklicherweise viel Geld für Bildung aus, aber große Summen fließen in unnötige Parallelstrukturen, die wesentlich sinnvoller in kleinere Klassen, mehr Lehrpersonal und bessere Infrastruktur investiert werden sollten.

Ein weiterer Punkt, der zwar nicht unmittelbar zur Gemeinsamen Schule gehört, den wir hier aber ansprechen wollen, ist das Sitzenbleiben. Aufgrund von schlechten Leistungen in einzelnen Fächern SchülerInnen zu zwingen, ein ganzes Jahr zu wiederholen, stellt eine unnötige Belastung dar, führt nur selten zu einer Verbesserung und ist außerdem eine Verschwendung von Ressourcen.

Was sich ein Staat nicht leisten darf

Es wurde bereits festgehalten, dass die in Österreich praktizierte soziale Selektion für uns nicht tragbar ist. Die Tatsache, dass vielen Kindern allein aufgrund ihres familiären Hintergrunds die Möglichkeiten auf Bildung erheblich erschwert oder gar verwehrt wird, ist unakzeptabel. Dass 20 Prozent der AbsolventInnnen dieses Schulsystems nicht sinnerfassend lesen können, ist ein Skandal. Dieser Meinung sind auch maßgebliche VertreterInnen der Wirtschaft, denn eine Volkswirtschaft kann es sich nicht leisten, in diesem Ausmaß auf potentielle Talente zu verzichten.

Ganzheitlich gebildete Jugendliche, die ein positives Verhältnis zu Bildung und Ausbildung haben, sind nicht zuletzt auch ein wesentliches Argument für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Sinnvolle Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft!

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